Als leuchtender Stern strahlte Christa Ludwig in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts auf den großen Opernbühnen der Welt.
Mit der Rolle des Cherubino aus Mozarts Oper Die Hochzeit des Figaros, mit ihrer brillanten Interpretation der Brangäne, in Wagners Tristan und Isolde, als Marschallin im Rosenkavallier, aber auch als Carmen zauberte Christa Ludwig mit ihren drei Förderern und Bewunderern Karl Böhm, Herbert von Karajan und Leonard Bernstein Sternstunden der Musikgeschichte.
Den Olymp der Liedkunst erschloss sich Christa Ludwig mit ihren legendären Interpretationen der Schubert-Lieder, deren Wirkung Theodor W. Adorno mit den Worten "Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen" beschrieb, gleichwie mit den unvergesslichen Einspielungen der Kindertotenlieder Gustav Mahlers oder dem Lied von der Erde mit ihrem herrlich-seelenvoll-sinnlichen Mezzosopran.
Ob für Schubert oder Wolf, Brahms oder Mahler, ob gewaltig oder zart, ob schwarz oder weiß - immer gibt Bösendorfer den "guten Ton" an. In steter Liebe, Christa Ludwig
Die Welt der Oper und des Gesangs wurde Christa Ludwig bereits in die Wiege gelegt. Ihr Vater war Opernsänger bzw. Direktor und ihre Mutter ebenfalls Opernsängerin. Mit "kleinen Spielen" wurde Christa Ludwig von ihrer Mutter schon früh an die Musik herangeführt. Sie sang instinktiv und natürlich. Später erlernte sie ebenfalls von ihrer Mutter die große Kunst der Interpretation. Nachdem sie 1946 für kleine Rollen an die Frankfurter Oper engagiert wurde, wichen den "Spielchen" echte stimmtechnische Arbeit sowohl zu Hause als auch an der Hochschule Frankfurt. 1954 lernte sie bei den Salzburger Festspielen den großen Dirigenten Karl Böhm kennen und spielte dort erstmals eine Rolle, die zu einem Meilenstein ihrer Karriere werden sollte: Den "Cherubino" aus Mozarts Oper "Die Hochzeit des Figaros". Die Begegnung mit dem großen Maestro sollte entscheidend sein: Im Jahr 1955 engagierte Karl Böhm die junge Sängerin an das Ensemble der Wiener Staatsoper, wo sie fast 30 Jahre blieb, knapp 769 Vorstellungen zum Besten gab und in rund 42 Rollen hineinschlüpfte.
Es war jedoch nicht nur dem "Ersten Haus am Ring", dem die gebürtige Berlinerin und spätere Wahl-Wienerin die Treue hielt. Auch dem Hause Bösendorfer war die Grande Dame stets verbunden. Nach dem Krieg erwarb ihre Mutter mit der Entschädigungszahlung von 5000RM, die sie für die durch die Bombenangriffe zerstörte Wohnung erhalten hatte, einen Bösendorfer, den die Familie stolz als ihr "erstes Möbelstück" präsentierte. Die Bösendorfer-Instrumente, liebevoll bezeichnet als B1, B2, B3 und B4, begleiteten die Sängerin später durch viele Stationen ihres Lebens.
Am 26. April 2021 ist die große Christa Ludiwg nun im Alter von 93 Jahren von uns gegeangen. Ob im Lied oder in der Oper-stets auf der Suche nach der Seele und dem Menschlichen, werden die zahlreichen Momente musikalischer Vollendung, die sie mit ihrer klangschönen, warm timbrierten Stimme ihren Publikum bereiten konnte, unvergessen bleiben.