Paul Badura Skoda starb in seinem 92. Lebensjahr


Hüter des Wiener Klangs


Seit mehr als 60 Jahren war Paul Badura Skoda einer der ganz großen internationalen Pianisten. Seine Interpretationen von Mozart, Beethoven und Schubert, sind legendär. Ein Hüter des Wiener Klangs, Sammler alter Instrumente und begeisterter Lehrer für seine Studenten.

„Fast sechs Jahrzehnte war er an den großen Konzertsälen dieser Welt zu hören und bis ins hohe Alter ließ er sich die Auftritte nicht nehmen. Am 15. Oktober 2017 gab Badura Skoda noch anlässlich seines kurz zu vor gefeierten 90. Geburtstags im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins ein restlos ausverkauftes Konzert. Entscheidend für den Beginn seiner großen Karriere waren drei Ereignisse: Furtwängler und auch Karajan engagierten 1949 den noch unbekannten Künstler für ihre Konzerte in Wien. Und durch sein Einspringen für den erkrankten Edwin Fischer bei den Salzburger Festspielen 1950 wurde er ein internationaler Star.

 

Wir hatten es deswegen leicht, weil damals die Schallplattenindustrie die Langspielplatte erfunden hatte und plötzlich ein unheimlicher Bedarf nach neuer Literatur bestand. Andererseits war das auch  die unmittelbare Nachkriegszeit, wo es noch kein Fernsehen gab, wo die Leute noch ins Kino und in das Konzert und in die Oper geströmt sind, vor allem die Jugend. Wir waren ja auch nicht so viele, es gab damals noch nicht die Schwemme, vor allem nicht die vielen ost-asiatischen Pianisten.

 

 

Wie viele Stücke sich in seinem Repertoire befanden, das konnte er schon lange nicht mehr sagen. Aber würde er es in einem durch spielen, wäre er nach eigenen Angaben weit mehr als 24 Stunden am Klavier gesessen. Beachtlich ist auch sein Schalplatten Opus, das weit über 200 Einspielungen umfasst, darunter die kompletten Klaviersonaten von Mozart, Beethoven und Schubert. Genauso standen aber immer Werke des 20. Jahrhunderts auf seinem Programm. Paul Badura Skodas Leben Motto: „Üben, üben, üben - und alles andere ist dem neben geordnet.“

Gemeinsam mit seiner Frau Eva Badura Skoda trat er auch als Musikschriftsteller und Herausgeber von Werkausgaben in Erscheinung. Diese und seine zahlreichen Einspielungen bleiben der Nachwelt erhalten“ würdigt Ö1, das renommierte Radioprogramm des Österreichischen Rundfunks (ORF) im Mittagsjournal diesen einzigartigen Künstler.

 „Mit ihm gehen Jahrzehnte der Klavierkunst zu Ende, die beinahe nie begonnen hätten“ schreibt der ORF in seinen online-Nachrichten. „Der am 6. Oktober 1927 in Wien geborene Paul Badura-Skoda hätte eigentlich Ingenieur werden wollen. Übrig von diesem einstigen Berufswunsch blieb die Neugier, hinter die genaue Funktionsweise von Musikstücken zu blicken, und die Sammelleidenschaft für historische Instrumente.

 

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Seine musikalische Begabung wurde jedoch früh erkannt und gefördert, ausschlaggebend für seine Laufbahn waren jedoch nicht zuletzt die Konzerterlebnisse bei Auftritten Edwin Fischers oder Wilhelm Furtwänglers während des Krieges. „Ich merkte in der Kriegszeit, dass in der Musik eine Kraft liegt, die Zerstörung überdauert“, erinnerte er sich einst in einer Dankesrede.

Mit eben jenen Idolen sollte er schon wenig später in engeren Kontakt kommen. Nur zwei Jahre nach Beginn seines Studiums am Wiener Konservatorium gewann er den ersten Preis des Österreichischen Musikwettbewerbs und erhielt ein Stipendium für einen Meisterkurs bei Fischer.

 

„Das Heizmaterial war damals so knapp, dass ich nur schnelle Stücke geübt habe, damit mir die Finger nicht an den Tasten festfrieren“, begründete Badura-Skoda mit Augenzwinkern die rasche Entwicklung seiner Technik.Furtwängler und Herbert von Karajan wurden 1949 erstmals auf den jungen Pianisten aufmerksam, ihre Einladungen zu internationalen Konzerten machten ihn praktisch über Nacht berühmt. Seine ersten Auftritte in Salzburg, New York und Tokio blieben als ausverkaufte Debüts in Erinnerung. Die folgenden 70 Jahre brachte er mit unermüdlichen Auftritten bei den wichtigsten Festivals und den bedeutendsten Konzertsälen der Welt zu.

Beachtlich ist auch das Schallplattenoeuvre des Vielarbeiters, das über 200 Einspielungen umfasst, darunter die kompletten Klaviersonaten von Mozart, Beethoven und Schubert. Bei Gramola ist vor zwei Jahren eine CD erschienen, die gleich zweimal Liszts h-moll-Sonate enthält – er könne sich selbst nicht entscheiden, welcher er den Vorzug gebe, schreibt Badura-Skoda im Booklet. Beide geben Zeugnis von einer unerschütterlichen Noblesse des Klavierspiels, die gerade in diesem Stück auf die schönste Art etwas Anachronistisches hat.

 

 

 

Als Lehrer hat sich Badura-Skoda jahrelang intensiv der Nachwuchspflege gewidmet, einer Verpflichtung, der er selbst heuer noch nachkam. Und auch als Sammler machte sich der technisch Interessierte einen Namen: Eine umfassende Kollektion wertvoller Tasteninstrumente, sowie ein großes Archiv von Autografen und Originalmanuskripten zeugen von seinem Wunsch, die technische Funktionsweise von Musik, sowohl in ihrer theoretischen Entstehung, wie auch in ihrer instrumentalen Umsetzung zu begreifen.

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Umfangreich ist auch seine Sammlung von Auszeichnungen. 1976 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur, zwei Jahre darauf den Bösendorfer-Ring, 1998 die Goldmedaille der Stadt Wien. Seit zehn Jahren ist er Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik und des Goldenen Ehrenzeichens der Stadt Wien. Und im Vorjahr verlieh die Wiener Musik Universtität Badura-Skoda die Ehrenmitgliedschaft“.

Die Zeitung „Die Presse“ schreibt: „Paul Badura-Skoda, Hüter der Wiener Musiziertradition, ist tot. Er zählte zu den bedeutendsten Pianisten, die aus der Wiener Schule hervorgegangen sind. Badura-Skoda verstand es - als ausgebildeter Kapellmeister und Musikwissenschaftler - Partituren genau zu lesen, verschiedene Deutungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen und die Ergebnisse seiner Forschungen in klingende Praxis umzumünzen. Seine reiche Sammlung an historischen Instrumenten lehre ihn auch, welche klanglichen Möglichkeiten die Klaviere seit der Erfindung des sogenannten Fortepianos boten, was man zu Beethovens Zeit wirklich unter einem Hammerklavier verstand und wie weit die diesbezüglichen Wahrheiten für eine Aufführung klassischer Werke auf modernen Instrumenten relevant sein können und müssen.

So wurde aus dem jugendlichen Gipfelstürmer, der übrigens der erste Pianist war, der sich nach der Kulturrevolution ins kommunistische China wagte, ein unermüdlicher Streiter für die Pflege der wienerischen Musiziertradition im Lichte der jüngsten Erkenntnisse der musikalischen Forschung. Seine Vermittlerrolle nahm er dabei so ernst wie die seine interpretatorischen Ansprüche. Im Verein mit seinem "Klavierzwilling" Jörg Demus, mit dem er das reiche vierhändige Klavierrepertoire pflegte, erarbeitete er im Beethovenjahr 1970 eine Gesamtaufnahme der Klaviersonaten des Meisters als Fernsehproduktion. Im Mozartjahr 1991 folgte eine Solo-Tournee Badura-Skodas, die ihn mit Werken des Komponisten um die halbe Welt führte. Noch als Achtzigjähriger war Badura-Skoda des Reisens nicht müde geworden“.

Mit dem Hause Bösendorfer verband ihn eine langjährige Geschichte. Bereits in seiner Kindheit spielte er auf einem Bösendorfer Flügel. „Was mir bei Bösendorfer gefällt, ist der singende Klang und auch die Ausgeglichenheit in allen Registern. Die Balance zwischen Nachklang und Anschlag – das ist einmalig“. Seit dem Jahr 1978 war Paul Badura-Skoda Träger des Bösendorfer Rings, eine Auszeichnung, die die Tradition des Wiener Musizierens ehrt und die vor ihm erst einer Person, nämlich Wilhelm Backhaus, zuteil wurde.

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